rausgezogen - Katharina Pachta
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rausgezogen

 

rausgezogen

 

früher war ich manchmal so müde. müde vom zuhören. müde vom informationen speichern. müde vom schauen. müde vom tun. müde vom sinne haben. müde vom denken. müde vom wach sein. müde vom schlafen. müde vom anteilnehmen. müde vom da sein. müde vom leben.

dann habe ich die tiere beneidet. die um uns herumwuseln. was haben die für einen sinn außer zu sein. so dachte ich zumindest. die schlafen. wenn sie müde sind. finden futter. wenn sie hungrig sind. mehren sich. weil es grad zeit ist. kümmern sich umeinander. und genießen das leben.

ich fragte mich. warum machen wir menschen alles so kompliziert. warum können wir nicht auch einfach das leben auf das wesentliche reduzieren und den tag genießen. in der sonne sitzen. ewig lang ausschlafen. essen. was uns schmeckt. tun. wonach uns grad ist. das leben genießen eben.

wir menschlein sind gefangen in einem system. in das wir hineingeboren wurden. in das wir hineinerzogen wurden. in das wir hineingepasst wurden. in dem uns kaum der gedanke kommt. dass es auch anders gehen könnte. dass wir ein vollkommen anderes leben leben könnten.

wir müssen wichtig sein. etwas tun. leisten und erfüllen. unseren wert beweisen. unsere daseinsberechtigung erkämpfen. gscheit sein. viel wissen. lernen. um zu leben. lernen. um leben zu können. arbeiten. um geld zu verdienen. um uns das leben leisten zu können. das wir leben.

hast du dir schon mal überlegt. ob du das überhaupt willst.

ich hab irgendwann gemerkt. dass mich das nicht mehr glücklich macht. das haus. die ehe. das solide leben mit zwei kindern. geregelte arbeits- und urlaubszeiten. alles nach plan. berechenbar. mir was so langweilig. zuerst dachte ich. es wäre die beziehung. die arbeit. der trott. das außen.

heute weiß ich. ich selbst war es. ich habe mich identifiziert mit diesem system. dachte ich müsste all das erfüllen. so und so und so sein. brav. gscheit. erfolgreich. liebend. aber das gelang mir mit der zeit immer weniger. ich war vor allem grantig. unzufrieden. unglücklich und bockig.

und dann hab ich erkannt. es ist nicht das system. das mich zwingt. ich selbst bin es. die sich die erlaubnis nicht gibt. ein leben nach meinem geschmack zu leben. ich sah. dass mich mein altes leben nicht mehr erfüllte. die praxis mich nicht mehr zog. das leben in wien mir zu dicht war.

und ich hab mich rausgezogen aus dem system. und bin rausgezogen in ein neues leben im grünen. jetzt schau ich genau hin. wie ich es haben will. wonach mir grad ist. worauf ich lust hab. wie ich meine tage gestalte. womit ich sie fülle. was sein darf. das ist der sinn meines lebens.

worauf hast du jetzt grad lust. ????